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Ich unterwandere jetzt mal schnell die Grünen

Jetzt bin ich also grüner Vorwähler. Vor ein paar Monaten habe ich ein Formular ausgefüllt (das geht übrigens noch bis 15.6.) und damit meine Absicht erklärt, die Wiener Grünen zu unterstützen, um bei der Listenerstellung für die kommenden Gemeinderatswahlen mitzu(be)stimmen. Heute haben die Grünen meine Unterstützung angenommen, obwohl einige von ihnen zurecht befürchten, dass ich sie unterwandern will.

Ich möchte hier nicht die ganze Soap erzählen, die der heutigen Akzeptanz einiger „UnterstützerInnen“ vorausgegangen ist. Eine komplette Nachlese dazu findet sich hier. Ich selbst habe mich unter anderem hier und am Podium der Diskussion „Take over your local green party“ dazu geäußert. Was zur Folge hatte, dass ich nicht nur als „Proponent“ eines nicht vorhandenen Kollektivs deliriert wurde: „Find ich ziemlich seltsam von Werner Lobo sich als Proponent aufs Podium zu setzen ohne seine Interessen offenzulegen und zu sagen, dass er selber ein Mandat will“, schreibt da einer im Standard-Lesyforum. Dazu kann ich sagen: Sollte ich jemals ernsthaft solche Interessen hegen, werde ich sie gerne offenlegen. Zuerst meiner Frau, dann meinem engeren Freundeskreis, und falls das nichts hilft, der geneigten Öffentlichkeit (solange Grünmandatar David Ellensohn guten Sex ausschließt wird das aber eh nix; Macht und Geld sind mir nämlich zuwenig).

Ellensohn vermutet, die Vorwahlinitiative könnte dem „liberalen“ Flügel der Grünen nutzen, um den „Linken“ zu schaden und begründet das so:  „Alle, die eher etwas liberal sind, sagen: Das ist super.“

Soweit ich das beobachten kann hat er damit  recht: Nicht nur haben als „liberal“ geltende Grüne von Anfang an die Vorwahlen stürmisch begrüßt (und ihnen damit womöglich sogar geschadet), auch die Begleitmusik aus der Bloggerszene hat deutlich „liberale“ Töne. Oder sagen wir es so: Nur wenige der Befürworter haben einen ausgewiesenen antikapitalistischen Migrationshintergrund. Von den lauter Blökenden bin ich selbst vielleicht sogar der einzige „Linksradikale“ (dass ich wegen meiner Vorwahl-Befürwortung jetzt selbst quasi schon als Neoliberaler durchgehe ist lustig, wird mir aber keinen Platz am Buffet der Wirtschaftskammer bescheren).

Nur: Ist das nicht wurscht? Warum sollten  sich ausgerechnet linke Grüne vor dem Versuch fürchten, möglichst viele VorwählerInnen zu moblisieren? Reproduziert eine solche Angst nicht das Grüne Kernproblem im Umgang mit allen ihren WählerInnen: Dass Ihnen

  1. das Selbstvertrauen und das Feuer unterm Arsch fehlt, für die eigenen Überzeugungen mobilisieren zu können
  2. die Fähigkeit, mit potenziellen WählerInnen auf Augenhöhe zu kommunizieren, und vor allem
  3. die „große Erzählung“, die eigentlich hinter einer linken Utopie stehen müsste

Eine solche (hier übrigens mein kleiner Diskussionsvorschlag dazu) wurde aber in letzter Zeit viel zu wenig sichtbar. Die österreichischen Grünen haben es bei den EU-Wahlen nicht einmal geschafft, die an sich interessante Idee des Green New Deal rüberzubringen – von einer über den desaströsen Lissabon-Vertrag hinausgehenden Idee für eine EU-Verfassung ganz zu schweigen.

Außerdem halte ich jede auch nur erdenkliche Form partizipativer Demokratie für ein grundsätzlich „linkes“ Anliegen. Das sind die Vorwahlen zwar noch nicht per se, aber ich erachte sie als ein Experiment dafür. Das ist übrigens auch der Hauptgrund meiner Unterstützung dafür, falls wer fragt. In diesem Sinne: Liebe linke Grüne: Scheißts euch ned an. Avanti populo, ¡venceremos!