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Grüne haben ein Ausländerproblem

Die „Presse“ nimmt sich in den letzten Wochen grüne MandatarInnen zur Brust, um ihnen ein Bekenntnis zu einer „Wende“ in ihrer Ausländerpolitik abzuringen: Nach Maria Vassilakou bekannte sich am Freitag auch Christoph Chorherr nach heftigem Drängen seitens der Redaktion („Was ist mit dem Einfordern? Und verpflichtend? Ohne Zwang tut sich offenbar nichts…“) dazu, MigrantInnen zum Erlernen der deutschen Sprache zu verpflichten. Das Ganze stinkt irgendwie nach einer Presse-Kampagne, die die Grünen auf ÖVP-Kurs bringen will.

Eigenartig nur, dass manche Grüne da so widerspruchslos mitspielen. Apropos: Wie ist das eigentlich in Europa? Was ist „unsere“ Sprache in der EU? Widerspricht es nicht ein bisschen der europäischen Haltung der beiden Parteien, sich auf eine nationale Sprache festzulegen? Offenbar geht es aber um etwas ganz anderes. Das Spiel ist sehr durchsichtig: Den „xenophilen“ Parteien und Gruppen soll die angebliche Integrationsunwilligkeit bestimmter Zuwanderergruppen angelastet werden, weshalb sie jetzt eine „Wende“ zu vollziehen hätten. Damit wird erfolgreich vertuscht, dass es gerade diese waren, die seit Jahr und Tag mehr Mittel und Angebote für Sprachkurse und andere Formen der kulturellen, gesellschaftlichen und politischen Teilhabe fordern. Wer ist es denn, der kostenlose Deutschkurse, Beratungsleistungen, Frauenförderung und all diese Dinge anbietet? Richtig, diejenigen NGOs, deren Ressourcen von den jeweiligen Regierungen der letzten Jahre immer wieder in Frage gestellt, gekürzt und gestrichen wurden.

Warum gelingt es nicht, das so dar- und klarzustellen, anstatt auf die völlig idiotische, unliberale und garantiert zum Scheitern verurteilte Zwangs-Masche zu setzen? Dass sie es sträflich vernachlässigt haben, die Konflikte und Spannungen zwischen Menschen unterschiedlicher Herkunft zu thematisieren, habe ich selbst hier und gegenüber profil bereits angemerkt. Und auch kritisiert, dass man es den Rechten überlassen hat, diese Probleme anzusprechen. Damit waren aber nicht „Probleme mit Ausländern“ gemeint, wie sie Chorherr in der „Presse“ offenbar hat. Eines kann ich nämlich garantieren: Es gibt in Österreich viel, viel mehr Probleme mit Inländern als mit Ausländern. Und der neue Duktus grüner „Querdenkerei“ stärkt letztendlich erst wieder die xenophobe Rechte, wie auch an den Leser-Kommentaren zu erkennen ist.

Wie wär’s, liebe Leute, mit einem Antirassismus-Training bei Zara, damit ihr es schafft, die unter den Nägeln brennenden Probleme anzusprechen ohne sie zu ethnifizieren? Und wenn ihr dann ohne „wir“- und „sie“-Kategorien mit den Leuten sprecht, dann dämmert euch was ihr vermutlich eh schon geahnt habt: dass demokratische Teilhabe, realistische Aufstiegschancen und bedingungsloses Bleiberecht viel erfolgreichere Wege zur „Integration“ sind als autoritäre Zwänge. Sagt das dann bitte auch der „Presse“, selbst wenn die gern was anderes von euch hören will.